Noch schwäbischer als die Kehrwoche sind Spätzle mit Linsen. Seit weit mehr als 2000 Jahren gehören Linsen auf die Schwäbische Alb, wie Schalke ins Ruhrgebiet. Dann kam das Wirtschaftswunder, mit ihm die ersten Fernsehköche und die ollen Hülsenfrüchte waren auf einmal out. Ende der 1950er Jahre hat der letzte Linsenbauer Deutschlands aufgegeben. Anbau und Ernte von Linsen sind arbeitsaufwendig, und so gingen die alten Linsensorten verloren. Doch wie es auch mit Kleidung, Musik und anderen Trends ist: Alles kommt irgendwann wieder. Bei Schulterpolstern und Schlaghosen begrüße ich diese Rückbesinnung auf Gewesenes nicht so lautstark. Aber zum Glück haben sich einige Bauern im Ländle an die wunderbare Linse erinnert und die Bio-Erzeugergemeinschaft Alb-Leisa gegründet. Anbau, Ernte, Reinigung und Vertrieb erfolgen regional in Baden-Württemberg. Vor allem eine kleine, braunmellierte Sorte aus Frankreich wird angebaut, doch 2006 wurde in einer Saatgutdatenbank in St. Petersburg die alten Sorten wiederentdeckt, die nach mühsamer Vermehrung nun auch angebaut werden.
Das finde ich ganz spannend und habe sehr lange und ehrfürchtig auf die Tüte mit den Alb-Leisa in meiner Küche gestarrt, weil ich sie gebührend in einer passenden Umgebung würdigen wollte. Was passt da besser als Spätzle?
Für zwei große Portionen braucht ihr:
150g Linsen (am besten Puy-Linsen oder Alb-Leisa, die während des Kochens nicht zerfallen)
3 mittelgroße Möhren
1 Schalotte
500ml Gemüsebrühe
1 Lorbeerblatt
1 EL Tomatenmark
1 TL dunkler Balsamicoessig
1 TL Majoran
1 EL Butter
200 g Spätzlemehl (Ich nehme für Spätzle und Nudeln immer sehr gerne das Spätzle- und Nudelmehl von der Spielberger Mühle; gibt´s im Bio-Supermarkt und in gut sortierten Supermärkten.)
2 Eier
ca 50ml Mineralwasser
Salz
Die Linsen mit Wasser aufsetzen – sie sollten gut bedeckt sein. Das Lorbeerblatt hinzugeben und etwa 20 Minuten kochen, bis die Linsen bissfest sind.
Das Mehl in eine Schüssel sieben, Eier hineinschlagen, eine gute Prise Salz und Mineralwasser hinzufügen. Jetzt kommt etwas Oberarmtraining ins Spiel: Schlagt den Teig nun so lange, bis er Blasen wirft. Das funktioniert an besten, wenn ihr die Schüssel mit einem Arm umfasst und euch an den Bauch drückt und mit dem Holzlöffel in der anderen Hand den Teig schlagt. Das heißt, ihr hebt Luft unter den Teig. Der Teig sollte glatt und zähflüssig sein. Wasser in einem großen Topf zum Kochen bringen und salzen.
Die Spätzle nun in der gewünschten Variante in den Topf befördern. Lokalpatrioten, Küchenhelden und Leute, die das schlichtweg können, schaben den Teig von einem Holzbrett ins kochende Wasser. Ich zähle mich zu keiner der drei Personengruppen und benutze eine Spätzlepresse. Das ist im Prinzip eine Kartoffelpresse, in die der Teig gefüllt wird und die Spätzle mittels eines Stempels durch runde Öffnungen ins kochende Wasser presst. Sobald die Spätzle an der Oberfläche schwimmen, nehmt ihr sie mit einer Schaumkelle heraus.
Wenn die Linsen gar sind, abgießen. Schalotte und Möhren würfeln, in Butter anschwitzen. Das Tomatenmark hinzugeben. Es darf gerne schon etwas dunkler am Topfboden anbacken, dann mt Gemüsebrühe ablöschen. Die Linsen hinzugeben und noch etwas köcheln lassen.
Zerlasst nun etwas Butter in einer Pfanne und schwenkt die gekochten Spätzle darin. Ich mag es auch gerne, wenn sie etwas braun werden. Die Linsen nun mit Majoran, Salz, Pfeffer und einem gutem Teelöffel dunklem Balsamico abschmecken.
Auch lecker ist, wenn ihr, zusätzlich zu den Möhren, Lauch, Kartoffeln und Knollensellerie in die Linsen gebt.
Ich hoffe, ich konnte eure Begeisterung für Linsen wecken. Wo ihr Alb-Leisa kaufen könnt, erfahrt ihr hier. Falls jemand eine Linsenrevolution anzetteln will, ich bin dabei.
Ich wünsche euch Schönes
Natalie
P.S.: Die hier verwendeten Informationen zum Linsenanbau auf der Schwäbischen Alb stammen von www.alb-leisa.de
Ilka - Die Welt der kleinen Dinge meint
Hihi, lecker. Mich hat ja ernsthaft mal ne Freundin ausm Sauerland angeschaut und gemeint: "Linsen mit Spätzle? Das sind doch beides Beilagen!?"Liebe Grüße ausm SchwabenlandIlka
Charlotte Reimann meint
Toll recherchierter Rezeptebericht mit Linsen-Infos, die ich auch noch nicht kannte. Überhaupt kommen die Linsen immer viel zu kurz 😉 Das nächste Mal essen wir also schwäbisch bei dir…
Judy meint
und dazu noch Saitenwürstle bzw.. Saida 😀
Clara OnLine meint
Hallo liebe Natalie,das Rezept klingt sooo gut! Ich habe es direkt in meine Rezepte-Lesezeichen aufgenommen und werde es so bald es geht nachmachen. Genau mein Geschmack! 🙂 Ich mache öfters mal Käsespätzle, nachdem ich ein tolles Spätzlebrett (http://www.kochform.de/Kuechenprofi-Spaetzle-ASS.htm) von meinem Freund zum Geburtstag geschenkt bekommen habe (gaaanz ohne Eigennutz von ihm, ha ha :)Ich freue mich schon, dich auf der Blogst Konferenz kennenzulernen! :-)Hab einen schönen Sonntag!Clara