Am ersten Fastentag stand ich im Supemarkt und wusste nicht, was ich einkaufen soll. Ich hatte zwar einige Rezepte gesammelt, doch ich bin das Veganexperiment auch sehr zuversichtlich angegangen. Viele Gerichte, die ich mir unter der Woche gerne koche, sind vegan. Milch und Butter habe ich schon seit Längerem durch pflanzliche Alternativen ersetzt, also alles kein Problem. Aber scheinbar war ich dann im Laden stehend so auf das alles fixiert, was ich nicht kochen kann, dass ich dachte, nun gar nichts einkaufen zu können. Also gab´s dann an den nächsten zwei Tagen erstmal Ofengemüse, bis die Schockstarre überwunden war.
Auch wenn es mir dann leicht gefallen ist, einfach wieder normal zu kochen, da ich wirklich selten Sahne & Co. verwende, und auch neue Rezepte ausprobiert habe, würde ich mich beim nächsten Mal besser vorbereiten: Zum einen würde ich mir überlegen. welche Standard-Rezepte aus meinem Repertoire vegan sind oder sich ganz leicht, durch Weglassen oder Austauschen bestimmter Komponenten, veganisieren lassen. Polenta schmeckt auch ohne Parmesan gut. Dann einen Fundus an Rezepten anlegen und – ganz wichtig – für die ersten zehn Tage einen Speiseplan mit Einkaufszettel schreiben.
Nicht so toll ist auch, Hunger auf Käsespätzle zu haben, wenn die Biergarten-Saison beginnt.
Reis mit Erdnuss-Spinat-Sauce |
4. Und, durchgehalten?
Ja. Es gab aber zwei freiwillige Ausnahmen, die beide mit meinen Omas zu tun haben. Eine meiner Omas war in Stuttgart zu Besuch und wollte, klaro, schwäbisch essen gehen. Also habe ich mit Käsespätzle das Fasten gebrochen.
Die zweite Ausnahme war Kaffee und Kuchen. Meine andere Oma geht sehr gerne Kaffee trinken und ich war auf Heimatbesuch, da kann ich ihr unmöglich mit vegan kommen. Die Zeit mit meinen Omas und meiner Familie generell ist mir sehr wichtig. Essen ist nun einmal eine soziale Handlung und als Veganer schließt man sich in manchen Situationen davon aus. Damit kann man sich sicherlich arrangieren und Möglichkeiten finden, aber für mich war das nicht möglich und das schöne, unproblematische Zusammensein mit den Omas wichtiger.
Es war tatsächlich so, dass ich mich ein bisschen davor gegraust habe, wieder „normal“ zu essen. Kaffee mit Kuhmilch schmeckt mir gar nicht mehr und ich versuche das zu umgehen. Seit Ostersonntag habe ich erst zwei Mal wieder mit tierischen Produkten gekocht. Es soll auch weiterhin so bleiben, ich möchte zur Zeit hauptsächlich vegan kochen und backen. Für teirische Produkte werde ich mich bewusst entscheiden. Klar möchte ich gerne bald mal wieder eine Quiche backen, Kuchen, der wirklich ohne Eier nicht machbar ist, backen und Peccorino über meine Spaghetti hobeln. Aber ich habe das Gefühl, dass das (noch) nicht wieder Alltag sein soll.
Ich habe gemerkt, dass ich ein besseres Bauchgefühl während der Fastenzeit hatte. Sonst merke ich meinen Bauch irgendwie, da ziept, zupft und grummelt es. Während der Fastenzeit war nichts und jetzt beginnt das wieder. Klar kann das auch andere Gründe haben, aber es ist mir aufgefallen.
Pasta mit Bärlauchpesto und gebratenem grünen Spargel |
Ich denke, dass man nicht vollständig vegan leben kann. Zum einen weiß man nicht alles, was in den Produkten und Lebensmitteln und zum anderen muss man wahrscheinlich Kompromisse machen, um in dieser Gesellschaft leben zu könen, es sei denn, man ist Selbstversorger. Es ist selbstverständlich, dass Vieles tierische Inhaltsstoffe enthält, viele wissen das nicht und die meisten wollen das vermutlich auch nicht, selbst wenn man weder Vegetarier noch Veganer ist.
Ich muss euch also enttäuschen. Ich habe kaum abgenommen, habe keine Superkräfte bekommen und war noch nicht mal genervt von irgendwelchen Einschränkungen. Käsespätzle hätte ich mir manchmal gewünscht. Aber sonst bin ich sehr zufrieden mit meinen sieben veganen Wochen. Möchte noch viel vegan backen und ausprobieren, meinen Kaffee und meinen Frühstücksbrei weiterhin mit Hafermilch trinken und essen, und auch versuchen, so oft es geht in Cafés und Restaurants die vegane Alternative zu wählen. Ich glaube, dass das für mich richtig ist. Wen Veganismus näher interessiert und auch die moralischen Argumente dahinter spannend findet, dem lege ich sehr diese Bücher ans Herz:
Karen Duve: Anständig essen. Ein Selbstversuch.
Jonathan Safran Foer: Tiere essen.
Ich bin sonst nicht jemand, der auf solche sehr gehypten Bücher steht, aber diese wurden gehypet und sind auch einfach gut.
Falls ihr noch Fragen oder Anmerkungen habt, freue ich mich sehr, wenn ihr die Kommentarfunktion benutzt und werde alles beantworten.
Ich wünsche euch Schönes
Natalie
Gourmande meint
Hallo Natalie, danke für deinen spannenden Bericht. :-)Mir geht's wie dir, ich reg mich auch über sehr viele dieser Dinge auf und habe das Gefühl, das man sich eher selten für "das beste" entscheiden kann, sondern eher für "das geringere Übel". Das ist oft anstrengend und frustrierend. Ich bin zum Beispiel nach längerer Verwendung von Alsan bio wieder dazu übergegangen, Butter zu verwenden. Es gibt nämlich kein nachhaltiges Palmöl, selbst für Biopalmöl wird Regenwald abgeholzt, Menschen vertrieben und Schimpansen und andere Tiere abgeschlachtet. Die einzige vegane palmölfreie Margarine, die es (meines Wissens nach) gibt, ist die von Sojola und die ist nicht bio, das Soja kommt aus Südamerika, und da gleicht die Kritik ja auch der Kritik an Palmöl. Für mich läuft das dann auch nicht wirklich unter vegan, auch wenn keine tierischen Produkte drin sind. Für mich bedeutet vegan nämlich auch "fair trade". Denn auch für die vermeintlich vegane Zartbitterschokolade müssen Kindersklaven arbeiten. Ist das dann wirklich vegan? Bedeutet vegan nicht (tier)leidfrei? Wo zieht man da die Grenzen? Es ist quasi unmöglich, sich ganz konsequent vegan zu ernähren, da hast du absolut recht. Mich macht das je nach Laune wütend oder traurig. Allerdings denke ich mir auch, dass die Entscheidung für das geringere Übel auch schon viel bewirkt, bewusster Konsum kann durchaus etwas bewegen, auch wenn er die Welt vielleicht nur ein klitzekleines Stück besser macht und sie nicht völlig verändert.Ach, und eine gute Nachricht: es gibt veganes Rouge! Von Annemarie Börlind Liebe Grüße Gourmande
Julika | 45 lebensfrohe Quadratmeter meint
Ich finde es ja sehr faszinierend, wenn Menschen freiwillig vegan leben wollen. Ich bin mir sicher, dass das bestens funktioniert – aber ich bin derzeit überhaupt nicht bereit, mich mit der Materie so zu beschäftigen, dass es einfach wäre, alle Inhaltsstoffe aller Produkte zu kennen um wirklich behaupten zu können, ich würde vegan leben. Obwohl: immer, wenn ich mit zwei lieben Freundinnen koche, wird vegan gekocht, da die eine durch und durch vegan isst. Lecker ists ja ; )Ich finds klasse, dass Du Dein Experiment durchgezogen hast – und genauso toll find ich es, dass Du für Deine beiden Omas eine Ausnahme gemacht hast : )
cocolores meint
Ich ernähr mich inzwischen auch zu ca. 70% vegan und möchte das nicht missen. In mein Müsli kommt nur noch Mandelmilch (lecker, lecker, lecker), Kuhmilch macht irgendwie so ein schleimiges Gefühl im Mund… Das einzige Problem nach 14 Jahren vegetarisch und 2 Jahren häufig vegan sind aber momentan meine Vitamin B12 Werte. Das ist pflanzlich schwer hinzubekommen und deshalb greif ich da auf Ergänzungsmittel zurück. Trotzdem kann ich mir gar keine andere Ernährungsweise mehr vorstellen.Hut ab vor deinem Experiment und ganz liebe Grüße!
woszumessn meint
Bei mir hieß es in der Fastenzeit 7 Wochen vegetarisch;) Seit dem gehts mir wie dir, der Hunger auf all das Zeug, auf das man verzichten musste ist verflogen. Ich habe erfahren, dass es im Alltag auch so funktioniert und ich nicht mehr mit schlechtem Gewissen irgendwelchen Mist futtern muss. Wobei ich die unangenehme Erfahrung gemacht habe, dass besonders Menschen, die ich nicht so gut kenne (Kollegen, Freunde von Freunden usw.) total verständnislos und teilweise schon fast aggressiv auf meine *neue* Ernährungsweise reagieren. Ich gehe nicht hausieren mit meiner Einstellung, aber irgendwie wird es immer und immer wieder Thema und das nervt. Und es macht mich superwütend. Ich frage ja auch nicht die anderen warum um alles in der Welt sie denn Fleisch essen… Dein veganes Experiment find ich super und Hut ab, dass von heute auf morgen vollgas durchzuziehen! Ich habe nach der gesellschaftlichen Ohrfeige erstmal die Hosen gstrichen voll und werde mich hüten vegane Gedanken in den unveganen Teil der Bekannten zu transportieren;) Ich schummel lieber superleckeren veganen Käsekuchen auf ihre Teller und freue mich hämisch, hehe.Liebe Grüße und danke für den ehrlichen Einblick in denen Selbstversuch =)Sabine